Reden ist silber, Handeln ist gold

Erfahrungen mit Unternehmensdialogen

Von Maren Leifker, Referentin Wirtschaft und Menschenrechte bei Brot für die Welt

Eins ist sicher: Der Dialog von zivilgesellschaftlichen Organisationen mit Unternehmen zu Menschenrechtsbelangen liegt voll im Trend. Er findet sowohl in institutionalisierter Form in sogenannten Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI) statt, an denen in der Regel auch Politik-Vertreter*innen teilnehmen. Die Zahl von MSI hat in Deutschland in den letzten Jahren stark zu genommen. Beispiele dafür sind das Textilbündnis, das Kakaoforum und seit Februar 2020 auch der vom Arbeitsministerium initiierte Autodialog. Daneben gibt es zahlreiche Dialogprozesse zwischen einzelnen oder auch mehreren Nichtregierungsorganisationen (NRO) mit Unternehmen, die teilweise von kritischen Aktionären oder Investoren unterstützt werden.

Einige – wie beispielsweise die Plough Back the Fruits-Kampagne, in der sich südafrikanische gemeinsam mit internationalen Organisationen für eine Verbesserung der Menschenrechtssituation an der Platinmine Marikana in Südafrika einsetzen, haben auch eine transnationale Komponente. Während diese Dialog-Formate am Anfang von gegenseitiger Skepsis und Intransparenz geprägt waren, hat die Offenheit in den letzten Jahren zugenommen. Trotzdem stößt der Austausch aufgrund der mangelnden Verbindlichkeit der unternehmerischen Menschenrechtsverantwortung an seine Grenzen.

Am Anfang war viel Skepsis

Nach dem Massaker, das sich 2012 an der Marikana-Mine ereignet hat und bei dem 34 Bergarbeiter erschossen wurden, hatte sich BASF als Hauptkunde der Mine zunächst lange in Schweigen gehüllt. Erst auf den öffentlichen Druck der Plough Back the Fruits-Kampagne, die dafür sorgte, dass Betroffene bei Aktionärsversammlungen zu Wort kamen, reagierte das Management schließlich. Eine BASF-Delegation reiste nach Marikana und es wurde ein Audit zur Überprüfung der menschenrechtlichen Situation vor Ort in Auftrag gegeben. Allerdings wurde die südafrikanische Organisation Bench Marks Foundation, die seit Jahren für die Rechte der Betroffenen des Massakers kämpft, nicht angehört und die Ergebnisse des Audits blieben unter Verschluss. Teilweise bestand auch der Eindruck, der Austausch mit NRO diene insgesamt nur als Feigenblatt, um in Nachhaltigkeitsberichten oder auf Aktionärsversammlungen darauf verweisen zu können.

Sinneswandel in Unternehmen

Auch heute kann nicht davon gesprochen werden, dass sich NRO und Unternehmen auf Augenhöhe begegnen. In der letzten Zeit macht sich aber in einigen Unternehmen ein Sinneswandel bemerkbar. Befördert durch die Debatte um verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflichten, erkennen Unternehmen, dass die Achtung von Menschenrechten nicht nur gut für die Imagepflege ist, sondern in naher Zukunft zum Compliance-Thema werden wird, dem ausreichend Personal und Ressourcen zu widmen sind. Eine besondere Rolle spielt dabei der Ansatz der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, der die Konsultation von potenziell betroffenen Gruppen und anderen Stakeholdern, etwa Gewerkschaften und internationalen NRO, vorsieht. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Maßnahmen, die Unternehmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen treffen, nicht an den Interessen der lokalen Zivilgesellschaft vorbeigehen. Nur wenn die Zielgruppe bspw. an der Entwicklung von Beschwerdemechanismen beteiligt wurde, wird sie diese als legitim erachten und nutzen, um Missstände zu melden. Gleichzeitig können Unternehmen von der Erfahrung und Expertise von NRO profitieren. Immer mehr Unternehmen suchen daher gezielt den Austausch mit NRO, um gegenchecken zu lassen, wie sie menschenrechtlichen Sorgfaltsanforderungen gerecht werden.

Fazit

Die Dialoge stoßen jedoch an ihre Grenzen, weil es bislang an rechtlichen Rahmenbedingungen fehlt, die die menschenrechtlichen Pflichten von Unternehmen klarstellen und auf die sich NRO berufen können, wenn auf eine vollmundige Ankündigung im Rahmen einer MSI keine konsequente Handlung folgt. Ein Lieferkettengesetz würde diese Pflichten festschreiben und gleichzeitig mehr Unternehmen motivieren, sich an MSI zu beteiligen, da diese als Resonanzraum zur praktischen Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt dienen.