Damit wir es nicht vergessen: Versprechen ohne Handeln

Von Bischof Johannes Seoka

Die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Es sind nun acht Jahre seit dem Massaker von Marikana vergangen, das das Leben unschuldiger Minenarbeiter*innen forderte, deren Todesursache eine Forderung nach einem gerechten Lohn war. Obwohl Sibanye-Stillwater das Unternehmen Lonmin mit dem Versprechen aufgekauft hat, eine gewisse Verantwortung zu übernehmen, wurden keine nennenswerten strukturellen Verbesserungen vorgenommen, um die Ursachen für den Streik und das Massaker zu adressieren.  Die finanziellen Verluste von Lonmin, die sich aus dem Streik vom August 2012 ergeben haben könnten, können niemals dem Verlust von 44 unschuldigen Bergarbeiter*innen durch vorsätzlichen Mord gleichkommen, für den größtenteils der Staat mit der Komplizenschaft von Lonmin verantwortlich ist. Das Leben ist unantastbar und unbezahlbar. Daher meine Überzeugung, dass dieses rücksichtslose Töten hätte vermieden werden können, wenn die Politiker*innen nicht den Profit über Menschenleben gestellt und sich nicht in den Konflikt zwischen Lonmin und seinen Arbeitsnehmer*innen eingemischt hätten.

Inmitten der beispiellosen Covid-19-Pandemie stiegen Edelmetallpreise, insbesondere Gold und Platin, auf ein Allzeithoch von jeweils über $2.000,00 bzw. $1.000,00 pro Unze. In der Zwischenzeit taten die Bergbauunternehmen nichts gegen die Armut ihrer Arbeiter*innen und betrieben sogar dazu noch schamlosen Personalabbau, während sie sich mit einer guten Produktion brüsteten und die CEOs exorbitante Boni erhielten, die sie auf ihrem Weg zur Bank feierten.

Covid-19 hat die Scheinheiligkeit der kapitalistischen Wirtschaft entlarvt und gezeigt, dass Profit auf die Kosten von Leben geht. Die Bergarbeiter zum Beispiel wurden nach Hause geschickt, als der Präsident den Ausnahmezustand und die Umsetzung eines Lockdowns der Stufe 5 erklärte, der am 27. März 2020 in Kraft trat. Allerdings wurde auf die Betriebe Druck ausgeübt, wieder zu öffnen, was dazu führte, dass die Bergarbeiter zurück an die Arbeit gerufen wurden, als der Lockdown auf Stufe 3 heruntergesetzt wurde. Allerdings gibt es keine Hinweise darauf, dass ausreichende Vorbereitungen, wie sie in den Schulen getroffen wurden, auch zum Schutz der zurückkehrenden Bergleute getroffen wurden. Es wurde wenig für die Quarantäne bei der Rückkehr und die Aufklärung der Minenarbeiter*innen über die von der Regierung vorgeschriebenen Gesundheitsvorschriften gemacht: soziale Distanzierung, Verwendung von Masken, Händewaschen und Desinfizierung. Infolgedessen waren einige der Arbeiter*innen dem Coronavirus ausgesetzt und fielen ihm zu Opfer. Offensichtlich gibt es einen Anstieg der Infektionszahlen in Minen, wodurch diese zu Epizentren des Covid-19 werden. Davon sind wir Zeugen, in Bergbaugemeinden und dort, wo die Verantwortung des Bergwerks oft am Tor der Mine endet.

Die von den Bergbauunternehmen vorgelegten Statistiken sind fragwürdig und verdächtig. Sie sind zu niedrig, wenn wir alle wissen, dass die Bedingungen, unter denen die Bergleute leben und arbeiten, nicht geeignet sind, die Menschen vor der Verbreitung des Coronavirus zu schützen. Die Lebensbedingungen sind einer hygienischen Lebensweise nicht förderlich, da lebensrettende Grundversorgungsgüter wie Wasser von den Minen verbraucht werden und die Gemeinschaften trocken und anfällig für Krankheiten bleiben.

Es könnte sein, dass die Informationen über Infektionen und Todesfälle in den Minen zurückgehalten werden, weil man befürchtet, dass die Regierung im Falle der Veröffentlichung wahrer Zahlen einfach die Schließung des vermeintlichen Rückgrats der Wirtschaft anordnen könnte. Covid-19 hat in der Tat das Problem der Ungleichheit, Armut und Arbeitslosigkeit sowie die Bevorzugung von Gewinnzuwächsen gegenüber der Rettung von Menschenleben aufgedeckt und bestätigt. Die Ärmsten der Armen bleiben am verwundbarsten, während die Reichen weiterhin die Vorteile billiger Arbeitskräfte genießen, so als gäbe es keine Bedrohung für das Leben.

Es wird nicht viel über die mangelnde Sicherheit und den mangelnden Schutz der Bergleute gesagt, die in vollbesetzten Bussen und Käfigen transportiert werden, die sie kilometerweit unter Tage bringen. Auffallend ist die mangelnde Einhaltung der Vorschriften zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus, wie das Tragen von Masken und die Verfügbarkeit von Desinfektionsmitteln und Wasser zum Händewaschen. Das für diesen Zweck bereitgestellte Geld verschwindet scheinbar in den Taschen der Politiker*innen über ihre Freunde und Verwandten. Schande über das, was wir als neue konstitutionelle Demokratie geworden sind.

Es wird viel mehr gesagt als getan, was in der Gemeinde von Marikana deutlich wird, wo Sibanye-Stillwater weiterhin Bodenschätze abbaut, als hätte das Massaker nie stattgefunden. Versprechungen, die beim Verkauf und Kauf von Lonmin gemacht wurden, bleiben leer – also mehr Gerede als Taten. In den acht Jahren seit dem Massaker gibt es nichts zu zeigen, außer unerfüllte und/oder leere Versprechen. Die Minen sind nach wie vor produktiv und die Preise der Platingruppe von Metallen sind viel höher als vorhergesagt.

Dennoch leben die (Minen-) Arbeiter*innen weiterhin in extremer Armut und verdienen Hungerlöhne, obwohl sie 2012 für ihre Forderung von 12.500,00 Rand Monatslohn sterben mussten. Eine Wahrheit, die die Mächtigen nicht hören wollen, ist, dass eine Arbeiterrevolution nicht undenkbar ist, deren Macht wir im Jahr 2012 bereits erlebt haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass die versprochene Lohnerhöhung von 22 Prozent, die bei den Verhandlungen beschlossen wurde, bisher nicht auf ihre Löhne aufgeschlagen wurde.

Daher befürchten wir, dass sich die Geschichte mit Sicherheit wiederholen wird, wenn die strukturellen Fragen, die zu dem Streik und dem Massaker im Jahr 2012 geführt haben, nicht angegangen werden.