Acht Jahre später, immer noch keine Gerechtigkeit

Tödlicher Austausch von Waffen und Platin-Profiten zwischen London und Marikana geht weiter

Von Daniel Selwyn, Marikana Solidarity Collective (London)

Am Sonntag, den 16. August 2020, dem achten Jahrestag des Massakers von Marikana, wird ein Kollektiv von Organisationen und Einzelpersonen vor der südafrikanischen Botschaft auf dem Londoner Trafalgar Square eine Mahnwache unter Beachtung von Corona-Regeln abhalten. Wir werden uns an die Namen und die Leben der 34 Platinminenarbeiter erinnern, die von der südafrikanischen Polizei auf Geheiß der Londoner Minengesellschaft Lonmin ermordet wurden, ein Nachfolgeunternehmen der kolonialen Besetzung des südlichen Afrikas durch Cecil Rhodes. Wir werden in einem der geschäftigsten Teile Londons, im Herz des britischen Empires, Platz nehmen, um unsere Solidarität mit dem Kampf um Wiedergutmachung und Gerechtigkeit in Marikana zu zeigen.

Acht Jahre später ist klar, dass die strukturellen Probleme, die zu dem Streik und dem Massaker geführt haben, immer noch nicht angegangen wurden oder sich in einigen Fällen sogar verschlechtert haben. Die sozialen Bewegungen gegen ökologische Zerstörung, Landenteignung und die massive Ausbeutung afrikanischer Arbeitskräfte und natürlicher Ressourcen durch multinationale Konzerne nehmen im ganzen Land und auf dem ganzen Kontinent weiter zu. Sie sind jedoch häufig mit unnachgiebiger Repression konfrontiert. Vom Amadiba Crisis Committee in Xolobeni, dessen Anführer Sikhosiphi „Bazooka“ Rhadebe ermordet wurde, bevor die Gemeinde das „Recht, Nein zu sagen“ zum Bergbau errang[1], bis zu den brutalen, staatlichen Vertreibungen der Bewegung Abahlali baseMjondolo[2], die um Wohnraum und Würde kämpft, spukt das koloniale Erbe von Rhodes in den Minen und Bergbau-Gemeinden Südafrikas.

Vor kurzem wurde festgestellt, dass die südafrikanische Polizei, die für das Massaker in Marikana verantwortlich ist, pro Kopf dreimal so viele Menschen ermordet wie die Polizei der USA[3], wo weit verbreitete Aufstände unter schwarzer Führung gegen staatliche Gewalt die Aufmerksamkeit der Welt auf die strukturelle Beständigkeit von Rassismus und weißer Vorherrschaft gelenkt haben. Hunderttausende von Verhaftungen und mindestens ein Dutzend Morde bei der Durchsetzung der Coronavirus-Sperre in Südafrika[4] haben dazu geführt, dass Aufrufe über die Grenzen hinaus Widerhall finden, in Kommunen, Pflege und Gesundheit statt in Krieg und Tod zu investieren. Hier kann die Plünderung der natürlichen Ressourcen durch die Londoner Bergbauunternehmen nicht isoliert von den Militärexporten in Höhe von 1 Milliarde Pfund gesehen werden, die die britische Regierung in den letzten zehn Jahren in den südafrikanischen Staat lizenziert hat, darunter 369 Millionen Pfund im Jahr des Massakers[5].

Auf der letzten Hauptversammlung von Lonmin im Jahr 2019 befand ein Volkstribunal das Unternehmen nicht nur der Ausbeutung und Ermordung seiner Arbeiter und deren Familien für schuldig, sondern auch der Verschmutzung von Land, Wasser und Luft der Gemeinde während der jahrzehntelangen kolonialen Besetzung, der Apartheid und der industriellen Förderung. Es verkaufte seinen Betrieb für 226 Millionen Dollar an Sibanye-Stillwater, um sich der Verantwortung für diese Verbrechen zu entziehen. Die Gewinne und das Platin von Marikana fließen jedoch weiterhin an die City of London. Durch die Übernahme bleiben ehemalige Lonmin-Investoren – einschließlich der in London börsennotierten Investec, Majedie und Ninety One – die 9 Prozent der Aktien von Sibanye-Stillwater halten.

In der Zwischenzeit verfügt der größte Abnehmer der Rohstoffe von Marikana, der Chemieindustriegigant BASF, über Dutzende von Tochtergesellschaften in Großbritannien. Neun Prozent der BASF-Aktien werden von britischen und irischen Investoren kontrolliert[6]. Während sich BASF mit 9,4 Milliarden Euro Einnahmen aus dem Verkauf von Platinkatalysatoren rühmt, bezeichnet der Konzern das Massaker in einer kaum lesbaren Fußnote im eigenen Jahresbericht als den „Marikana-Vorfall“[7]. Offensichtlich wurde – und kann – die entmenschlichende Logik, die über Jahrhunderte hinweg in den anhaltenden Massakern für Profit und Eigentum kultiviert wurde, von ihren Umsetzern und Nutznießern nicht verlernt.

Wir stehen in Solidarität mit den Arbeiter:innen und der Gemeinde von Marikana und allen sozialen Bewegungen in Südafrika, die sich dem neokolonialen Ressourcenabbau und der staatlichen Gewalt widersetzen und für eine gerechte und nachhaltige Zukunft für alle kämpfen. Amandla!

Besucht uns am 16. August um 16.00 Uhr in London: https://www.facebook.com/events/286509032569297/

Quellen:

[1] Hal Rhoades, ‘Mining, money and murder: the deadly struggle to protect South Africa’s Wild Coast,’ The Ecologist, 12 May 2016 https://theecologist.org/2016/may/12/mining-money-and-murder-deadly-struggle-protect-south-africas-wild-coast

[2] see Abahlali baseMjondolo http://abahlali.org/

[3] Tricontinental, ‘The Politic of Blood: Political Repression in South Africa,’ August 2020, p.38

[4] Tricontinental, ‘The Politic of Blood: Political Repression in South Africa,’ August 2020, p.39

[5] Campaign Against Arms Trade, ‘UK Arms Export Licenses: South Africa since 2010.’

 

[6] BASF. ‘Annual Report 2019,’ p.13

[7] BASF. ‘Annual Report 2019,’ p.80