Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, dass keine Dividende ausgeschüttet wird. Stattdessen ist der gesamte Bilanzgewinn 2019 als Rückstellung zu verwenden für
- für einen Fonds zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und Abmilderung ihrer ökonomischen Folgen;
- für die Schaffung von gesellschaftlichem Mehrwert;
- für den Erhalt von Arbeitsplätzen statt deren Abbau;
- für die Einrichtung eines Fonds zur Entschädigung der Witwen, Hinterbliebenen und Verletzten des Massakers von Marikana
Begründung:
Die BASF SE will mitten in der Corona-Krise, die mit großer Unsicherheit für Wirtschaft und Gesellschaft einhergeht, die Dividende gegenüber dem Vorjahr von 3,20 je Aktie auf 3,30 Euro erhöhen. Damit wird ein fatales Signal an die Gesellschaft gesendet: Alle müssen den Gürtel enger schnallen, aber unsere Aktionäre erhalten noch mehr.
Stattdessen könnten die Eigentümerinnen und Eigentümer der BASF mit einem Dividenden-Verzicht einen Beitrag für die Bekämpfung der Corona-Pandemie und Abmilderung ihrer ökonomischen Folgen leisten. Gerade jetzt können vergangene Gewinne sinnvoll für die Krisenbewältigung eingesetzt werden.
Dies würde weniger der Wohltätigkeit, sondern vielmehr der Sozialpflichtigkeit von Eigentum nach Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes gerecht werden: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Zwar bezieht sich die vom Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagene Dividende auf den Geschäftserfolg von 2019, doch bedarf es in der aktuellen Corona-Krise schneller, auch ungewöhnlicher Bereitstellung finanzieller Mittel. Diese sollten nicht nur über Spenden, Kredite oder zu Lasten der Allgemeinheit gezahlt werden.
Der Großteil des aktuellen Bilanzgewinns soll für einen Fonds bereitgestellt werden, um weltweit kostenlose Tests auf das SARS-CoV-2-Virus, die Entwicklung eines Impfstoffes und die Behandlung von Coronavirus-Erkrankungen (COVID-19) insbesondere im Globalen Süden mitfinanzieren zu können. BASF verfügt hierzu über besondere personelle und technische Ressourcen, die nun ohne Gewinnzwang oder Eigenwerbung genutzt werden könnten. Die Mittel sind mit unabhängiger Expertise und maßgeblicher Beteiligung der Zivilgesellschaft im Globalen Süden zu verwenden.
Darüber hinaus sind die Mittel zur Unterstützung derjenigen Wirtschaftsbereiche zu verwenden, die in Folge der Corona-Pandemie in Notlage geraten und eng mit BASF verbunden sind. Darunter zählt der Erhalt von Arbeitsplätzen insbesondere in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft sowie eine klimafreundliche und sozial-ökologische Transformation der Lieferketten von BASF. Dazu gehört, dass menschenwürdige Löhne und Lohnfortzahlungen während der Corona-Krise auch bei allen Zulieferern garantiert werden.
Zur Entschädigung der Witwen, Hinterbliebenen und Verletzten des Massakers von Marikana soll die BASF SE einen Fonds einrichten.
Mit ihrem sog. Value-to-Society-Programm will die BASF nach eigener Darstellung „zu einer Welt beitragen, die eine lebenswerte Zukunft mit besserer Lebensqualität für alle bietet“. Die Ausschüttung einer Dividende an Aktionär*innen begünstigt aber lediglich eine kleine, überwiegend bereits schon begüterte gesellschaftliche Gruppe.
Ein sog. „Exzellenzprogramm“ entpuppt sich als Job-Abbau-Programm, bis 2021 will die BASF 6.000 Stellen abbauen. Diese „Restrukturierung“ des Konzerns soll 300 Mio. Euro jährlich sparen. Welcher „Wert für die Gesellschaft“ damit geschaffen werden soll, bleibt unklar. Menschen sind für den Ludwigshafener Konzern offenbar vor allem ein Kostenfaktor.
Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2019 nicht zu entlasten.
Begründung:
Der Aufsichtsrat hat seine Aufgabe als Kontrollorgan des Vorstands nur unzureichend ausgeübt. Die bisherigen Maßnahmen der BASF reichen nicht aus, einen wirksamen Beitrag zum Erreichen der Ziele der UN-Nachhaltigkeitsagenda 2030, des UN Global Compact und des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte der deutschen Bundesregierung zu leisten, zu denen sich die BASF bekannt hat.
Nachholbedarf und Intransparenz bei der Umsetzung von UN-Vorgaben bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten
BASF erfüllt weiterhin nicht vollständig die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an unternehmerisches Verhalten. BASF belegt nicht ausreichend, wie und ob Menschenrechtsrisiken identifiziert, bewertet und minimiert werden. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Business & Human Rights Resource Centre und der ZHAW School of Management and Law. Die Ergebnisse der Studie sind hier zusammengefasst: https://www.business-humanrights.org/de/kurzbewertung-deutscher-unternehmen
Die nun erneut überarbeitete Nachhaltigkeitsstrategie der BASF, die von der Studie noch nicht geprüft werden konnte, soll bisherige Defizite verbessern. Wir erwarten vom Aufsichtsrat, dass diese Schritte nicht nur gelobt, sondern kontinuierlich und kritisch geprüft werden. Denn während nun erstmals im aktuellen Geschäftsbericht erwähnt wird, dass die Prüfungen 2019 keinen Fall von Kinderarbeit festgestellt hätten, wäre die Ergebnisse hinsichtlich anderer Menschenrechtsverletzungen ebenso hilfreich gewesen.
China: Zwangsarbeit bei Zuliefern in Xinjiang?
In den Veröffentlichungen, die unter dem Namen „China Cables“ bekannt wurden, ist dokumentiert: Mindestens 1,5 Millionen Angehörige vor allem der Minderheit der muslimischen Uigurinnen und Uiguren werden in Umerziehungslagern in Xinjiang festgehalten. Immer häufiger werden neben diesen Lagern Fabriken errichtet, in denen Inhaftierte zu billigen Löhnen Zwangsarbeit verrichten müssen. Dies verschafft der Staatssicherheit eine absolute Kontrolle über muslimischen Nationalitäten.
BASF betreibt zwei Joint Ventures mit chinesischen Firmen in der Stadt Korla Xinjiang, bei denen auch ethnische Minderheiten arbeiten. Zwar versichert BASF, dass es dort zu keiner Zwangsarbeit komme, für Partnerfirmen bzw. Zulieferer wollte man diese Versicherung aber nicht geben. Entsprechend hat BASF Ende 2019 Überprüfungen angekündigt. Zum einen zeugt dies von weiterhin unzureichender Kenntnis und Kontrolle der eigenen Lieferketten, zum anderen stellt sich die Frage, wieso BASF nicht von vorhinein auch Zwangsarbeit bei Zulieferern sicher ausschließen kann. Es reicht nicht aus, immer nur dann aktiv zu werden, wenn Menschenrechtsverletzungen publik werden.
BASF und die Platin-Lieferkette
BASF bezieht weiter Platin, das unter menschenunwürdigen Bedingungen gewonnen wird. Hauptlieferant ist das südafrikanische Bergbauunternehmen Sibanye-Stillwater, das im Geschäftsjahr 2019 den bisherigen Platin-Lieferanten Lonmin übernahm und Rekordeinnahmen verzeichnete. Zur Lieferketten-Verantwortung gehört, dass die BASF dafür sorgt, dass Arbeitsschutz und gesundheitliche Vorsorgemaßnahmen bei seinem Zulieferer eingehalten werden. Im aktuellen Geschäftsbericht der BASF ist jedoch nichts über die Ergebnisse des letzten Audits zu erfahren. Bei der Platinmine in Marikana, Südafrika, leben die Gemeinden weiterhin ohne fließend Wasser und ausreichende Sanitäranlagen.
Laut Geschäftsbericht von Sibanye-Stillwater gab es 2019 in den südafrikanischen Betriebsstätten sechs Todesfälle. Nach Angaben der südafrikanischen Gewerkschaft AMCU (Association of Mineworkers and Construction Union) kamen bis Oktober 2019 bei Sibanye-Stillwater sieben Angestellte bei Arbeitsunfällen ums Leben, vier davon in der Marikana-Mine. Wie die Gewerkschaft mitteilte, sei der Beauftragte für Gesundheit und Sicherheit nach wie vor suspendiert, „weil er wichtige Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Einmischung der Aufsichtsbehörde geäußert habe“. Während die Zahl der an Silikose (Staublunge) Erkrankten von 165 im Jahr 2018 auf 131 im Jahr 2019 zurückging, erhöhte sich die Zahl der Tuberkulose-Erkrankten auf 553 (2018: 539) und die Fälle der Gehörverluste auf 355 (2018: 243).
Zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Vorstands
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019 nicht zu entlasten.
Begründung:
Der Vorstand der BASF SE verfolgt ein gesundheits- und umweltschädliches Geschäftsmodell, das nicht zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) der UN und der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens beiträgt.
BASF gefährdet Landarbeiter*innen, Bäuer*innen und indigene Gruppen im globalen Süden
Die BASF vertreibt in Ländern des globalen Südens mit schwächerer Pestizidregulierung Wirkstoffe, die in der EU nicht genehmigt sind. So vermarktet die BASF in Brasilien mindestens zwölf und in Südafrika mindestens vier Wirkstoffe, die in der EU nicht genehmigt sind. Dabei wurden die Wirkstoffe Cyanamid und Flufenoxuron auf EU-Ebene aufgrund ihrer Gefährlichkeit nach einer eingehenden Prüfung explizit abgelehnt. Außerdem stehen sechs der in beiden Ländern von BASF vermarkteten, in der EU nicht genehmigten Wirkstoffe wegen ihrer Schädlichkeit für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt auf der Liste hochgefährlicher Pestizide des Pestizid Aktions-Netzwerks. Auch jüngste Recherchen auf Basis der Marktanalysen von Phillips McDougall haben gezeigt, dass die BASF 25 Prozent ihres Umsatzes mit dem Verkauf hochgefährlicher Pestizide macht – einen Großteil davon in so genannten Entwicklungs- und Schwellenländern. (https://www.publiceye.ch/de/themen/pestizide/agrochemiekonzerne-machen-milliarden-mit-krebserregenden-pestiziden-oder-bienen-killern)
Die Leidtragenden dieses Geschäftsmodells sind vor allem (Klein-)Bäuer*innen, indigene Gruppen und andere Anwohner*innen in den Anbauregionen sowie Landarbeiter*innen. So konnten auf Zitrusfrucht-Plantagen in Südafrika, auf denen BASF-Produkte eingesetzt werden, mehrere Fälle akuter Vergiftungen dokumentiert werden. (www.inkota.de/studie-bayer-basf)
Doch die Doppelstandards der BASF gehen nicht nur zu Lasten der menschlichen Gesundheit, sondern auch der Umwelt: So würde ein Gramm des Wirkstoffs Fipronil rechnerisch ausreichen, um ca. 84 Millionen Bienen zu töten. 2018 exportierte die BASF 90 Tonnen Fipronil aus Frankreich nach Brasilien. (siehe die beiden obigen Quellen)
Eine sichere Anwendung, die von BASF immer wieder als Ausweg präsentiert wird, ist dabei in Armutskontexten ein Mythos. So wird Plantagenarbeiter*innen häufig nicht die notwendige Schutzkleidung zur Verfügung gestellt, Kleinbäuer*innen können sich diese nicht leisten und leben teilweise selbst auf oder in unmittelbarer Nähe zu ihrem Feld.
BASF verfehlt bisherige Klimaziele
BASF hatte sich vorgenommen, die eigenen Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 2002 zu reduzieren. Daraus wird nichts werden: Die 2019 erreichte Minderung ist nur vorübergehend und maßgeblich auf planmäßige Abstellungen von Großanlagen aufgrund von Wartungsarbeiten zurückzuführen. BASF selbst erwartet für 2020 einen Emissionsanstieg auf das Niveau von 2018. Damit hätte BASF nur eine Reduktion um 34,2 Prozent statt der anvisierten 40 Prozent gegenüber 2002 erreicht.
Klimaziele müssen sich am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens orientieren
Da scheint es dem Vorstand gelegen zu kommen, mit neuen Klimazielen bis 2030 vom bisherigen Scheitern abzulenken. Denn es besteht akuter Handlungsbedarf:
Wenn alle Unternehmen bis 2050 eine Klimabilanz wie die von BASF hätten, würde sich das Klima um ganze 4,3 Grad Celsius erwärmen. Während andere energieintensive Unternehmen ambitionierte Klimaziele verfolgen, würde es bei der Umsetzung der bisherigen Klimaziele von BASF immer noch auf eine Erderwärmung um 4,2 Grad Celsius hinauslaufen, wie ein Bericht des Beratungsunternehmens Right von Ende 2019 zeigt. (https://www.right-basedonscience.de)
Die fatale Abhängigkeit des eigenen Geschäftsmodells von klimaschädlichen Energien zeigt sich aber darin, dass sich BASF noch nicht einmal für die ferne Zukunft traut, das Ziel der Klimaneutralität zu verfolgen. So ist nicht ersichtlich, wie die neuen Klimaziele der BASF mit dem 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens kompatibel sein sollen – weder bei den direkten Emissionen (Scope 1) oder den Emissionen aus bezogener Energie (Scope 2) noch aus den entscheidenden indirekten Emissionen der Lieferkette (Scope 3).
Obwohl die Einführung einer CO2-Steuer klimapolitisch sinnvoll ist, warnt Vorstandsmitglied Saori Dubourg vor der Einführung einer solchen Steuer, sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene: „Das schadet uns und ist ganz klar der falsche Weg“, sagt sie.
Zu Tagesordnungspunkt 6: Wahl zum Aufsichtsrat Dr. Kurt Bock
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, Herrn Dr. Kurt Bock nicht in den Aufsichtsrat zu wählen.
Begründung:
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat erhebliche Bedenken, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende Dr. Kurt Bock geeignet ist, den Aufsichtsrat der BASF SE zu leiten.
Erst als Kurt Bock als Vorstandsvorsitzender ausschied, konnten wir feststellen, dass die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Lieferkettenverantwortung bei BASF einen höheren Stellenwert erlangten. Es ist unklar, wie Bock nun als Aufsichtsratsvorsitzender die neue Unternehmens- und Nachhaltigkeitsstrategie unterstützen kann.
Bocks Umgang mit Problemen und Krisen in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender spricht nicht gerade dafür, ihn zum Aufsichtsratsvorsitzenden zu wählen, dem die Überwachung des Vorstands zukommt.
Offensichtlich wollte Bock die Verantwortung wegdrücken, die ein Konzern für den Hauptlieferanten eines wichtigen Rohstoffs hat: Auf der Hauptversammlung 2016 tat der Vorstandsvorsitzende noch unwissend, als er mit dem Massaker vor der Platinmine von Marikana des britisch-südafrikanischen Bergbaukonzern Lonmin konfrontiert wurde.
Unvergessen sind Bocks diskriminierende Äußerungen, die er gegenüber Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen aus Südafrika machte. 2018 „bat“ er auf zynische Art und Weise den Sprecher der Hinterbliebenen des Massakers, den südafrikanischen Bischof Johannes Seoka auf, im nächsten Jahr nicht wieder zur BASF-Hauptversammlung zu kommen. 2017 hatte Kurt Bock dem Bischof und den Vertretern einer südafrikanischen Bergbaugewerkschaft zu verstehen gegeben, dass er deren Anwesenheit nicht länger wünsche, weil „es nichts Neues gäbe“. Über ein großes Maß an Empathie scheint Kurt Bock nicht zu verfügen. Zumindest verpasste der BASF-Manager die Gelegenheit, dem ehemaligen Minenarbeiter Mozoxolo Madigwana, der das Massaker von Marikana schwerverletzt überlebte, nach seiner Hauptversammlungsrede den nötigen Respekt zu zollen. Wenig überzeugend war Bocks Krisenkommunikation nach der schweren Explosion auf dem BASF-Werksgelände in Ludwigshafen im Jahr 2016, bei dem vier Menschen zu Tode kamen und 29 verletzt wurden. Erst Tage nach dem Unglück äußerte sich der Vorstandsvorsitzende öffentlich.