Editorial

Liebe Abonnent*innen,

„In den vergangenen Tagen sind allein in Italien und Spanien Tausende am Coronavirus gestorben, in Italien waren es 1000 in 24 Stunden, in Spanien 800. Diese Meldungen kommen nicht von einem anderen Planeten oder von einem weit entfernten Kontinent. Sie erreichen uns aus unseren Nachbarländern, denen wir verbunden sind.“ So beginnen vermeintlich führende Intellektuelle einen wahrscheinlich gut gemeinten öffentlichen Aufruf. Dieser Satz verdient unsere kritische Aufmerksamkeit: Sind entfernte Kontinente vergleichbar mit anderen Planeten? Hätten die Meldungen die Verfasser*innen gleichgültig gelassen, wären sie von einem entfernten Kontinent gekommen? Und wie weit entfernt sind „entfernte“ Kontinente in einem globalisierten Kontext mit weltweitvernetzten Lieferketten? Vor einigen Tagen war der große Tisch, auf dem in einem großen Hamburger Edeka-Markt normalerweise die Bio-Bananen zu finden sind, leer. Die Hand, die ins Leere greift, ein kurzer Moment, in dem die Dimension der eigenen Verstrickung in die globalen Lieferketten im wahrsten Sinne des Wortes zum Greifen nahe ist.

Von Seiten des Kampagnennetzwerks „Plough Back The Fruits“ haben wir uns vorgenommen, in den kommenden Wochen ausgewählte Informationen aus dem Südlichen Afrika zu bündeln und Ihnen/Euch zugänglich zu machen. Damit wollen wir Ihnen/Euch in dieser Gesundheitskrise – die mehrere andere Krisen hervorbringt und bestehende Krisen sichtbarer macht oder verschlimmert – Stimmen aus dem Südlichen Afrika zusammenstellen.

Als ein Kampagnennetzwerk, dass sich im Nachfeld des sog. Massakers von Marikana gegründet hat, um die Anliegen der Hinterbliebenen und Überlebenden, der Platinminenarbeiter und ihrer Familien in den platinverarbeitenden Ländern sichtbar und hörbar zu machen, wären wir eigentlich um diese Jahreszeit in den letzten Vorbereitungen für die Jahreshauptversammlung der BASF. Das in Deutschland ansässige Chemieunternehmen ist seit Jahrzehnten einer der weltgrößten Käufer und Verarbeiter von Platin und deshalb ein wichtiger Akteur in den internationalen Rohstofflieferketten. Die Jahreshauptversammlung der BASF hätte am 30. April stattfinden sollen und wurde (bedingt durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie) gerade neu terminiert – als virtuelles Treffen, das nun für den 18. Juni 2020 anberaumt wurde. Diese Situation zwingt uns dazu, unsere Aktionsformen neu zu bestimmen. Das nehmen wir zum Anlass, die Webseite der Kampagne und den Newsletter neu zu beleben.

Wir stellen Informationen zur gesellschaftlichen und politischen Situation im Südlichen Afrika zusammen, die von dortigen Akteur*innen aus dem journalistischen und zivilgesellschaftlichen Feld veröffentlicht werden. Darüber hinaus gilt es auch in diesem Newsletter, einen Blick auf den medialen Umgang mit Ländern des globalen Südens und auf die Nord-Süd-Beziehungen im Zuge der Corona-Krise zu werfen. (Siehe dazu das Postskriptum dieser Ausgabe)

Wir freuen uns über eine rege Debatte über die Themen, die wir in weiteren Onlineformaten in den nächsten Wochen führen wollen. Dazu laden wir jetzt schon herzlich ein!

Maren Grimm und Simone Knapp
für das Netzwerk „Plough Back The Fruits“