Platin-Lieferkette

Ventilation2Unter-Tage-Lüftungsschacht, Detail. Platinum Belt / Südafrika 2015 (Klick um die ganze Anlage zu sehen)

Platin: Deutschland – Südafrika: ein erster Überblick
Was mit der Produktion von Fahrzeugkatalysatoren in deutschen, US-amerikanischen oder japanischen Fabrikanlagen endet, beginnt in südafrikanischen Minen: Im „Platingürtel“, nördlich von Johannesburg, lagern mehr als 80 Prozent des weltweiten Platin-Vorkommens. Platin ist heute das wertvollste Edelmetall der Welt und Deutschland ist nach den USA dessen zweitgrößter Importeur. Die wichtigsten deutschen Rohstoffimporte aus Südafrika sind Platin und Chrom, jene metallischen Rohstoffe, von denen es in Südafrika die weltweit größten Lagerstätten gibt.
Platin weist also eine sehr hohe Angebotskonzentration auf und wird deshalb von der DERA, die deutsche Rohstoffagentur, die „potenzielle Preis- und Lieferrisiken frühzeitig erkennen und gegebenenfalls Ausweichstrategien entwickeln“ soll, als „kritischer Rohstoff“ eingestuft.
Der Bergbausektor Südafrikas, der fünftgrößte weltweit, trägt zu etwa 20 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt des Landes bei. 2010 verkaufte Südafrika für 37 Milliarden US$ Rohstoffe, der meiste Umsatz wurde dabei mit Platin, Kohle und Gold (63%) gemacht.

Lonmin ist nach Anglo American Platinum und Impala der weltweit drittgrößte Platinminenbetreiber. Laut Lonmin-Bericht des letzten Quartals 2015 wurden in Marikana im Berichtszeitraum 2,5 Millionen Tonnen Gestein abgebaut und erst mechanisch, dann chemisch zerkleinert und zerlegt. Durchschnittlich enthält eine Tonne des abgebauten Rohmaterials 5 Gramm PGMs, die im weiteren Verarbeitungsprozess isoliert werden müssen. Bei Lonmin arbeiten derzeit rund 32.000 Menschen untertage, etwa sieben Prozent davon sind Frauen. Es gibt täglich zwei Schichten, die sich aus mindestens acht Stunden reiner Arbeitszeit und bis zu zweistündigen Wegzeiten zum und vom jeweiligen Arbeitsort zusammensetzen. Die Gesteinsschichten, in denen die PGMs zu finden sind, verlaufen im Platinum Belt zwischen 1000 und 1400m Tiefe. In den vier moderneren und produktivsten Generation-2 Schächten von Lonmin werden pro Arbeitstag zusammen etwa 39.000 Tonnen Material abgebaut und an die Oberfläche befördert.  Ein Rock Drill Operator bei Lonmin hat die Vorgabe, am Tag zwölf Meter Gestein abzutragen. Mit den bis zu 50 kg schweren pneumatischen Bohrhammern werden Löcher für die Absprengungen gebohrt. Die General Worker haben verschiedene Aufgaben, wie den Transport von Dynamitstangen zu den Sprengorten, die Bergung und den Abtransport der aus dem Fels gesprengten Gesteinsbrocken, die Beladung der schienenbasierten Transportcontainer und die Säuberung der Schienen von Gesteinsresten. Es gibt keinen elektrischen Strom an den meisten Untertage-Arbeitsorten, sämtliche Beleuchtung (im Wesentlichen nur die Kopflampen der ArbeiterInnen) und der nur teilweise mechanisierte Transport des Materials zu den Förderbändern läuft über Batterien. Die wesentlichen Arbeitsgeräte sind Bohrhammer, Dynamit und Schaufel. Die ArbeiterInnen förderten pro Arbeitstag im letzten Quartal 2015 Material, welches zur durchschnittlichen Gewinnung von 58 kg Platin pro Tag führte. Am Weltmarkt macht dies einen täglichen Umsatz von 1,7 Mio € aus.
Ein Rock Drill Operator, der bei Lonmin fest angestellt arbeitet, verdient umgerechnet täglich ca. 18 Euro, ein Vertrags- oder Zeitarbeiter meist nicht mehr als die Hälfte.

(Auszug aus: Durch Virbrationen nicht beunruhigen lassen. BASF und die Konsequenzen europäischer  Rohstoffpolitik. in: PLOUGH BACK THE FRUITS. Im Kampf um Gerechtigkeit und Restitution. Die Bodymaps der Witwen von Marikana, hg. von NomaRussia Bonase & Judy Seidman,  Simone Knapp & Boniface Mabanza, Maren Grimm & Jakob Krameritsch, Akademie der bildenden Künste Wien). Hamburg/Heidelberg/Johannesburg/Wien, 2016 S. 156-162. Siehe hier)

Hier zu Interviews mit einigen MinenarbeiterInnen von Lonmin in Marikana.
Literatur zum Thema finden sie hier.